17.06. – 30.07.2023 Jakobikirche Lippstadt

»Die Objekte von Melanie Becker-Hoffmann sind dem Element Luft zuzuordnen. Leicht und transparent schweben ihre Kugeln im Kirchenraum über uns hinweg und folgen ihrer eigenen Bahn.
Melanie Becker-Hoffmann arbeitet mit Fäden. Sie gestaltet Fadencollagen und -objekte, sowie Fadenaufnahmen. Heute sehen wir überwiegend Fadenkörper und eine Installation im Raum.
Ihre Kugeln sind, allesamt nicht perfekt rund. Sie sind oval, gestaucht, groß und klein, keine ist wie die andere, ebenso wie in der Natur niemals zwei Dinge gleich, wenn sie auch ähnlich sind. Sie sind organisch, gefärbt in Naturtönen, weiß, cremefarben, in allen Abstufungen von grau, eierschalfarben. Oft liegen sie in einem Nest, sind es Eier? Und was mögen sie ausbrüten? Was verbirgt sich in ihnen?
Melanie Becker-Hoffmann spielt bei ihren Umwicklungen nicht nur mit der Materie und ihren Silhouetten, sondern ebenso, sehr subtil, mit den Lichtwirkungen der umwickelten Teile. Licht und Schatten verändern sowohl die Formen als auch die Farben, abhängig von dem Lauf der Sonne, den Tageszeiten. Es gibt nicht die eine Gestalt, so wenig, wie die eine Wahrheit, alles ist in Veränderung, immer geht es um den momentanen Standpunkt und die aktuellen Gegebenheiten. Das Materielle ist ebenso wie das Spirituelle. Schließlich sind wir in einer Kirche. Zwischen den Pfeilern des Kirchenschiffs spannt Melanie Becker-Hoffmann Seile, die die eine mit der anderen Seite verbinden. Aufgereihte Kugeln rhythmisieren diese ,Brücke‘ wie die Kugeln auf einem Rechenschieber, einem Abakus. Eine Zwischendecke aus schwebenden Kugeln, leicht und frei, als könnten sie jederzeit davonfliegen.«

Lore Liebelt

Gemeinschaftsausstellung: Melanie Becker-Hoffmann | Peter Hoffmann | Karl-Heinz Reichhardt | Silke Wissen

Künstlergespräch: 02.07.2023 um 11.00 Uhr
Finissage: 30.07.2023 um 11.00 Uhr
Ort: Jakobikirche | Lange Straße 69 a | 59555 Lippstadt

21.05. – 02.07.2023 | Stadtmuseum Warendorf

»Melanie Becker-Hoffmanns künstlerisches Ausgangsmaterial ist der Faden. Das mag zunächst simpel erscheinen, führt jedoch zu komplexen Ergebnissen. Denn die Möglichkeiten und Potentiale des schlichten Gebrauchsgegenstandes nutzt sie auf vielfältige Weise: genäht, gewickelt, verklebt oder verwoben. Die Spanne ihrer Arbeiten reicht von transparenter Anmutung bis hin zu kraftvoller Verdichtung und Bündelung. Das – im wahrsten Sinne des Wortes – Drunter und Drüber des verspannten Garns präsentiert sie facettenreich in rechtwinkligen Formaten oder kugeligen, amorphen Gebilden, die sie einfühlsam als „Nester“ bezeichnet. Fotografische Makroaufnahmen ergänzen und vertiefen die skulpturalen Situationen.

Der Weg vom traditionellen Tafelbild zur raumgreifenden, dreidimensionalen Installation ist konsequent. So entstehen lampionähnliche Gebilde, die von der Decke herabhängend in kraftvollem Rot die ansonsten schwarz-weiß gehaltenen Formen aktionsreich unterstützen. Verhaltene, erdfarbene Tönungen ergänzen bisweilen die flach reliefierten Bildtafeln. Auch alte Papiere, Bibelseiten, Gesteinsmehl, Wachs und Blattgold werden in die mal zart gesponnenen, mal dicht verwickelten Materialcollagen eingearbeitet. Ihre wandelbaren Installationen präsentiert sie nicht nur in Innenräumen, sondern auch in ortsbezogenen Installationen im Naturraum.

Die vieldeutigen Materialbilder sind Synonyme für die Wandelbarkeit des Daseins und der stetigen Veränderungen der Dinge. Die Fadenbilder spiegeln in zeitloser Manier die Tätigkeit der drei Parzen der klassischen Mythologie: die erste Parze webt den Lebensfaden, die zweite bestimmt das Schicksal des Daseins und die dritte letztendlich – oft blind dargestellt – schneidet den Lebensfaden durch. Melanie Becker-Hoffmann veranschaulicht spannende, zeitlose Prozesse, die immer wieder neue und unerwartete Wendungen aufscheinen lassen.«

Einführung: Dr. Martin Gesing | Kunsthistoriker, Leiter Stadtmuseum Beckum

Rundgang durch die Ausstellung mit Melanie Becker-Hoffmann: 11. und 18.06.2023 jeweils um 15.00 Uhr
Finissage: 02.07.2023 um 15.00 Uhr
Ort: Historisches Rathaus | Dezentrales Stadtmuseum
Markt 1 | 48231 Warendorf

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.

Einladung als PDF | Videorundgang auf Instagram

Dimensionen des Fadens

Fäden werden seit Menschengedenken verwendet, meist zum Verschnüren und Verpacken von Dingen, die man beisammenhalten oder transportieren möchte. Jenseits aller Nützlichkeit verwendet Melanie Becker-Hoffmann den Faden als gestalterisches Mittel in ihren Installationen. Zwischen den Bäumen verspannt erinnern sie an die natürlichen Gespinste von Insekten und Spinnen. Gleichzeitig weisen sie jedoch durch ihre auffällige Farbigkeit und die ausladenden Dimensionen auf die Entstehung von Menschenhand hin. Die Künstlerin verbindet hier malerische und skulpturale Elemente. Sich haltend an den Stämmen malt der Faden im Raum zwischen den Bäumen eine Fläche in die Luft. Diese wirkt sowohl als grafisch gestaltete Bildebene, als auch als Skulptur, die uns durch die Variation von geschlossenen und offenen Bereichen einen neuen Blick auf die Natur ermöglicht. An den eng und dicht verwobenen Bereichen wird der Blick des Betrachters aufgehalten, wohingegen die locker und offen gestalteten Stellen Durchblicke ermöglichen und Vorder- und Hintergrund, Kunst und Natur optisch miteinander verschmelzen. (Dr. Annette Georgi)

verwickelt | Melanie Becker-Hoffmann
Fadeninstallation zwischen Bäumen | 2023

www.kreiskunstverein-beckum-warendorf.de